Weshalb „Weil es so befohlen wurde“ eine schlechte Begründung ist

Weshalb „Weil es so befohlen wurde“ eine schlechte Begründung ist

 

 

Lesezeit: 6 Minuten

 

 

Einleitung

Weil es (von Oben) so befohlen wurde“ ist die wohl schlechteste Begründung für die Ausführung eines Befehls. Egal, ob man damit einen eigenen Befehl rechtfertigt, oder den eines Vorgesetzten.

Warum das so ist und was man dagegen tun kann, möchte ich Euch anhand eines Beispiels aufzeigen.

 

 

Ausweich- und Angriffsdrills

Es war der dritte Tag des Ausbildungsbiwaks.

Unser Zug bildete Ausweich- und Angriffsdrills aus, also das überschlagend vorgehende Angreifen oder Lösen von einem Feind.

Ich selbst hatte das Privileg, vor einigen Jahren von extrem erfahrenen Führern ausgebildet worden zu sein und war motiviert, dieses Wissen als Gruppenführer an meine Untergebenen weiter zu geben.

So begannen wir bereits am Vorabend mit dem Vorüben und machten schnell Fortschritte.

Während sich im BIWAK spätestens nach dem dritten Tag oft eine gewisse Müdigkeit und Trägheit bei den Soldaten einschleicht, waren die Männer auf Grund der dynamischen Ausbildung und taktischen Herausforderung stets motiviert, wach und bei der Sache.

Soweit so gut.

Wir setzten die Ausbildung am nächsten Tag fort und konnten schnell den absehbaren Ausbildungserfolg erkennen.

 

 

Taktisch sinnvoll?

Wir standen bereits kurz vor Abschluss, als unser Zugführer alle Gruppenführer zusammenrief.

Wir müssen die Ausbildung abändern. X, Y und Z wird nicht mehr gemacht. Außerdem macht der Gruppenführer ab jetzt ABC selbst. Stellt die Mängel ab.“

Jetzt war ich demotiviert.

Die allgemeine Vorschrift geht bei diesem Ausbildungsthema nicht sehr ins Detail und lässt absichtlich Freiheiten, Kleinigkeiten anzupassen. Ich sollte nun aber Verfahren abändern, die sich bereits bei vielen Kräften bewährt hatten und (aus meiner Sicht) taktisch den meisten Sinn ergaben.

Also ging ich zur Ausbildungsgruppe zurück, sammelte die Männer um mich und richtete mein Wort an sie:

Wir müssen das Verfahren etwas abändern. Wir haben einen guten Job gemacht und die Drills sehen sauber aus. Jetzt geht es darum, das Verfahren auf einen einheitlichen Stand mit den anderen Gruppen zu bringen. Denn wenn ihr einmal in einer anderen Gruppe eingesetzt seid, muss trotzdem jeder Handgriff sitzen und jeder die Kommandos kennen. Deshalb zeige ich euch jetzt die Änderungen.“

Ich zeigte den Männern das neue Verfahren ohne mir anmerken zu lassen, dass ich gewisse Abschnitte des „alten“ Verfahrens besser fand. Nach ein paar Übungsdurchläufen sitzte alles und der Ausbildungserfolg stellte sich ein.

Ich hätte auch ganz einfach sagen können: „Wir müssen unsere Verfahren anpassen. Ich weiß nicht, weshalb. Es ist dumm, denn unsere Taktik ist ganz klar besser. Aber es wurde halt so befohlen.“

Aber damit wären zwei Dinge passiert:

  1. Die Motivation der Männer wäre gesunken, da ich ihnen keine Begründung und keinen Sinn für die Umstellung aufgezeigt habe.
  2. Ich hätte den Führeranspruch meines Vorgesetzten untergraben, da ich ja offensichtlich nicht hinter seiner Entscheidung stehe.

 

 

Lehre:

Es ging nicht darum, welches Verfahren besser war und wer Recht hatte.

Der Zugführer hatte mit Sicherheit eine sinnvolle Begründung für seine Entscheidung. Für Diskussionen war an dieser Stelle aber weder der richtige Zeitpunk, noch der richtige Ort.

Die Einzelheiten dieses Verfahrens und warum was wie gemacht wird, kann man später in Ruhe besprechen und mit Sicherheit viele Missverständnisse klären.

Doch wenn ich auf dem Feld als Führer einen Befehl an die Männer weitergebe, muss ich hinter diesem Befehl stehen. Es ist meine Pflicht, ihnen so gut wie möglich zu erklären, wieso wir das jetzt so machen, damit sie das Vertrauen nicht verlieren. Auch dann, wenn ich vielleicht nicht zu 100% hinter dem Befehl stehe.

Falls die Meinungen zwischen mir und meinem Führer auseinander gehen, spreche ich das bei der richtigen Gelegenheit im richtigen Ton an, auch das ist meine Pflicht. Vor den Männern selbst sollte aber immer ein geschlossenes Bild des Führerchors entstehen.

 

 

Verhältnismäßigkeit:

Selbstverständlich gibt es auch Situationen, in denen der Befehl einfach ausgeführt wird, weil es so befohlen wurde.

Beispiele hierfür sind mangelnde Disziplin, Dinge die der Soldat ganz genau weiß und einfach durch Nachlässigkeit falsch macht, oder wenn es in brenzligen Situationen eben sehr schnell gehen muss.

Auch sollte sich der Führer niemals rechtfertigen oder erklären müssen, denn er hat den Führungsanspruch.

Gerade deshalb ist es aber so wichtig, das Vertrauen der Männer zum Führer aufzubauen, damit sie ihm nicht allein des Dienstgrads und der Vorgesetztenverordnung wegen folgen.

 

 

Viel Erfolg da Draußen!

Shughart

 

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P.S.: Ein besonderer Dank geht an Oliver Bender (Tyrosize) für das herausragende Foto.


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